Zwischen Anpassung und Tod – Musik im Spannungsfeld von Diktatur und Ausgrenzung

Als der Berliner Schauspieler und Sprecher Alexander Bandilla am Samstag im Panketaler Rathaus mit seinen einführenden Worten begann, war es mucksmäuschenstill im Foyer, in dem die Veranstaltung „Verbotene Musik - unterdrückt, zensiert, ausgegrenzt“ stattfand.

Der Verein „Kunstbrücke Panketal e.V.“ hatte zu dem moderierten Konzert eingeladen, das unter dem Motto stand: „Künstler kann man unterdrücken, verbieten, einsperren oder ermorden. Die Unterdrücker kommen und gehen, aber die unterdrückte Kunst bleibt! Sie überdauert die Zeit, sie überdauert Bevormundung, sie überdauert Umbrüche. Mit etwas Abstand wird sie immer wieder mit neuen Augen gesehen und mit anderen Ohren gehört.“

Bandilla führte mit sonorer Stimme und ruhigem, sanftem Duktus durch das Thema und eröffnete mit seinen kurzweiligen Ausführungen zu Leben und Werk der einzelnen Künstler einen mitunter neuen, klareren Blick auf die gehörte Musik. Ob Fanny Hensel, der als hochbegabte Musikerin und Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy eine musikalische Karriere verwehrt blieb, ob Pablo Casals, der aus Spanien floh, weil er das Franco-Regime ablehnte, ob Mykola Lyssenko, der unter dem Druck der zaristischen Zensur seine in ukrainischer Sprache komponierte Oper ins Russische übersetzte, ob Niccolo Paganini. der von der katholischen Kirche als „Teufelsgeiger“ verunglimpft wurde, oder Victor Jara, der chilenische Musiker und Sozialist, der von Pinochets Schlägern misshandelt wurde und noch im Angesicht des Todes singend zum Widerstand aufrief - ihre Stücke wurden von den anwesenden Musikerinnen und Musikern im ersten Teil des Abends mit großer Anteilnahme und Aufmerksamkeit interpretiert. In immer wieder wechselnden Besetzungen zwischen Soloauftritt und Streichquartett gaben Cornelia Börngen (Violoncello), Charlotte und Niels Templin (Violinen) sowie Frederike Templin (Viola) Kostproben ihres beachtlichen Könnens. Oft begleitet am Klavier von Christina Hanke-Bleidorn, Korepetitorin an der Hochschule für Musik „Hans Eisler“. Herausragend auch Niels Templin mit seiner Interpretation der „Caprice Nr. 23“ von Niccolo Paganini.

Die Suite für zwei Violinen" von Grazyna Bacewicz eröffnete den zweiten Teil des Abends. Die Komponistin und Musikerin musste sich wie ihre Kollegen im von Nazi-Deutschland besetzten Polen mit „Kaffeehausmusik“ über Wasser halten, denn „ernste“ Kunst war bei Todesstrafe verboten.
Tragisch und viel zu früh endete das Leben des böhmisch-jüdischen Komponisten Erwin Schulhoff in einem nationalsozialistischen Internierungslager. Da seine Musik wegen seiner jüdischen Abstammung als „entartete Kunst“ geschmäht wurde und Aufführungen seiner Werke ab 1933 verboten waren, geriet er lange Zeit in Vergessenheit und wurde erst Ende des 20. wiederentdeckt.
Mit Dmitri Schostakowitsch, der in der Sowjetunion vor allem nach außen hin stets hochgehalten wurde, endete der zweite Teil der Veranstaltung. Alexander Bandilla skizzierte das Spannungsfeld zwischen Anpassung und Ablehnung in der Stalin-Diktatur und beleuchtete die innere Zerrissenheit des Weltstars Schostakowitsch mit Zitaten seiner Freunde. So kamen zwei Stücke zur Aufführung, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Das volkstümliche „Prälude und Gavotte“ sowie zwei Auszüge aus dem intellektuell anspruchsvolleren „Klavierquintett op. 57“.

Mit lang anhaltendem Beifall neigte sich nach gut zwei Stunden ein abwechslungsreicher Abend dem Ende zu, der auch zum Nachdenken über Politik, Demokratie und Kunstfreiheit anregte.
 
Fotos: © Thorsten Wirth

 

 

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